Leitfaden zu Lebensmittelsicherheitsstandards: HACCP, BRCGS, SQF, ISO 22000, IFS und FSSC 22000
Filip Wielechowski
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13.8.2025
Lebensmittelsicherheit ist nicht nur eine gesetzliche Anforderung, sondern vor allem die Grundlage für das Vertrauen der Kunden. Verbraucher möchten zunehmend wissen, woher ein Produkt stammt, wie es hergestellt wurde und ob es frei von Gesundheitsgefahren ist. In der Lebensmittelbranche ist kein Platz für Zufälle – deshalb sind internationale Standards für Lebensmittelsicherheit und Qualitätskontrolle so wichtig.
Die Kenntnis der wichtigsten Normen wie HACCP, BRCGS, SQF, ISO 22000, IFS und FSSC 22000 ermöglicht es Unternehmen, sich bewusst auf dem anspruchsvollen Markt zu bewegen. Obwohl all diese Standards das gleiche Ziel verfolgen – die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit – unterscheiden sie sich in ihrem Umfang, ihren Anforderungen und ihrer Anerkennung auf den jeweiligen Märkten.
Das Bewusstsein für diese Unterschiede erleichtert die Wahl des richtigen Systems sowie das reibungslosere Durchlaufen von Zertifizierungs- und Auditprozessen.
HACCP – Hazard Analysis and Critical Control Points
HACCP ist die Grundlage der meisten Lebensmittelsicherheits-Systeme. Es basiert auf der Analyse von Gefahren und der Identifizierung sogenannter kritischer Kontrollpunkte im Produktionsprozess.
Dieses System besteht aus sieben grundlegenden Prinzipien:
- Durchführung einer Gefahrenanalyse – Identifizierung potenzieller biologischer, chemischer und physikalischer Gefahren, die während der Produktion auftreten können.
- Bestimmung der kritischen Kontrollpunkte (CCP) – Festlegung der Prozessschritte, bei denen die Kontrolle entscheidend für die Produktsicherheit ist.
- Festlegung kritischer Grenzwerte – Definition von Parametergrenzen (z. B. Temperatur, Zeit, pH), deren Einhaltung die Lebensmittelsicherheit garantiert.
- Einführung eines CCP-Überwachungssystems – Entwicklung von Methoden zur regelmäßigen Überprüfung, ob jeder kritische Kontrollpunkt ordnungsgemäß funktioniert.
- Festlegung von Korrekturmaßnahmen – Vorbereitung von Verfahren für den Fall, dass die Überwachung zeigt, dass ein kritischer Grenzwert überschritten wurde.
- Festlegung von Verifizierungsverfahren – Bestätigung, dass das HACCP-System effektiv funktioniert (z. B. Audits, Labortests, Dokumentationsprüfungen).
- Führen von Dokumentationen und Aufzeichnungen – Erstellen und Archivieren von Nachweisen, um die Einhaltung der Grundsätze belegen zu können.
In der Europäischen Union ist HACCP in vielen Bereichen der Lebensmittelbranche verpflichtend. Auch wenn es an sich kein „Zertifikat“ ist, bildet es den Ausgangspunkt für die Einführung weiterentwickelter Standards.
BRCGS – British Retail Consortium Global Standard
BRCGS (früher BRC) wurde 1998 im Vereinigten Königreich vom British Retail Consortium entwickelt, um die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit in großen Einzelhandelsketten zu vereinheitlichen. Im Laufe der Zeit hat es sich zu einem der bekanntesten Standards weltweit entwickelt, der nicht nur in Europa, sondern auch in vielen Ländern Asiens, Amerikas und Afrikas angewendet wird.
Ziel ist es, sicherzustellen, dass Lebensmittelhersteller und -lieferanten sichere, gesetzeskonforme und qualitativ hochwertige Produkte liefern. Das BRCGS-Zertifikat ist oft eine Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit Einzelhandelsketten, insbesondere im Vereinigten Königreich, aber auch in anderen Teilen Europas.
BRCGS wird regelmäßig aktualisiert, um auf gesetzliche Änderungen und steigende Markterwartungen zu reagieren. Die aktuelle Version (Ausgabe 9) enthält unter anderem verschärfte Anforderungen an die Lebensmittelsicherheitskultur sowie die Digitalisierung der Dokumentation.
SQF (Safe Quality Food)
SQF ist ein in den 1990er Jahren in Australien entwickelter Standard, der heute vom Food Marketing Institute in den USA verwaltet wird. Er ist von der GFSI (siehe unten) anerkannt und erfüllt internationale Kriterien der Lebensmittelsicherheit.
Der SQF-Standard ist besonders in Nordamerika, Australien und Neuseeland verbreitet, und sein Zertifikat wird häufig von großen Einzelhandelsketten in den USA und Kanada gefordert. In vielen Fällen ist er eine Eintrittsvoraussetzung für diese Märkte.
Ein besonderes Merkmal von SQF ist die Möglichkeit, die gesamte Lieferkette zu zertifizieren – von der Primärproduktion über die Verarbeitung bis hin zum Vertrieb. Die Anforderungen basieren auf den HACCP-Grundsätzen, legen jedoch auch großen Wert auf einen systematischen Ansatz zur Produktqualität.
In älteren Versionen des Standards gab es drei Zertifizierungsstufen (Level 1, 2, 3), doch das System wurde inzwischen vereinfacht und auf eine GFSI-konforme Zertifizierung ausgerichtet.
SQF wird oft von Unternehmen gewählt, die auf mehreren Märkten gleichzeitig tätig sind, da seine Anforderungen Sicherheits- und Qualitätselemente in einer Weise verbinden, die mit anderen globalen Normen übereinstimmt. Darüber hinaus kann die SQF-Zertifizierung den Export nicht nur in die USA und nach Kanada, sondern auch in Märkte erleichtern, in denen ein Nachweis der Einhaltung anerkannter internationaler Standards erforderlich ist.
BRCGS vs SQF – wichtige Unterschiede
Obwohl beide Standards demselben Zweck dienen – der Gewährleistung von Lebensmittelsicherheit und -qualität – unterscheiden sie sich in mehreren wichtigen Punkten:
Herkunft und geografische Verbreitung:
- BRCGS wurde im Vereinigten Königreich entwickelt und ist besonders in Europa bekannt
- SQF stammt aus Australien und ist vor allem in Nordamerika verbreitet
Zertifizierungsansatz:
- BRCGS legt großen Wert auf unabhängige Audits und die Erfüllung der Anforderungen von Einzelhandelsketten
- SQF deckt die gesamte Lieferkette von der Primärproduktion bis zur Distribution ab und ist stark in das GFSI-System integriert
Struktur der Anforderungen:
- BRCGS unterteilt die Anforderungen in Kategorien wie Engagement der Geschäftsleitung, Umweltkontrolle, HACCP-Systeme und Qualitätsmanagement
- SQF integriert Sicherheits- und Qualitätselemente in ein einheitliches System mit starkem Fokus auf Lieferantenmanagement und kontinuierliche Prozessverbesserung
Zertifizierungsstufen:
- BRCGS unterscheidet keine Stufen – das Zertifikat deckt den gesamten Standard ab
- SQF hatte früher mehrere Stufen, konzentriert sich heute aber auf GFSI-konforme Zertifizierung
Für Unternehmen, die mit europäischen Einzelhandelsketten zusammenarbeiten, ist BRCGS oft die erste Wahl. Für diejenigen, die nach Nordamerika exportieren oder global tätig sind, kann SQF geeigneter sein.
GFSI – Global Food Safety Initiative
Die GFSI ist eine weltweite Initiative, die Hersteller, Einzelhändler und Zertifizierungsstellen zusammenbringt, um Standards für die Lebensmittelsicherheit zu harmonisieren. Von der GFSI anerkannte Standards werden weltweit akzeptiert, was den internationalen Handel erleichtert und den Bedarf an mehrfacher Zertifizierung reduziert. Zu den von der GFSI empfohlenen Standards gehören unter anderem SQF, FSSC 22000 und BRCGS.
ISO 22000
ISO 22000 ist eine internationale Norm, die den HACCP-Ansatz mit Elementen von Managementsystemen aus ISO 9001 kombiniert. Dadurch gewährleistet sie nicht nur die Lebensmittelsicherheit, sondern lässt sich auch leicht in ein umfassenderes, integriertes Managementsystem im Unternehmen einbinden.
Sie ist flexibel – geeignet für kleine Betriebe ebenso wie für große Konzerne – und ihr Zertifikat ist weltweit anerkannt, was den internationalen Handel erleichtert. Die Einführung von ISO 22000 ermöglicht es Unternehmen, nicht nur gesetzliche Anforderungen zu erfüllen, sondern auch Risiken im gesamten Produktionsprozess effektiver zu managen.
FSSC 22000
FSSC 22000 ist eine Erweiterung von ISO 22000, die zusätzliche branchenspezifische Anforderungen (sogenannte Präventivprogramme – PRP) enthält. Sie ist von der GFSI anerkannt, was bedeutet, dass sie internationale Kriterien für Lebensmittelsicherheit erfüllt und weltweit von Handelspartnern akzeptiert wird.
Am häufigsten wird sie von großen Lebensmittelunternehmen eingesetzt, die ein einheitliches System zur Kontrolle der Lebensmittelsicherheit benötigen, das sowohl Produktionsprozesse als auch Logistik und Verpackungen umfasst. FSSC 22000 wird besonders in Hochrisikobranchen geschätzt, wie z. B. in der Herstellung verarbeiteter Lebensmittel, kontaminationsanfälliger Zutaten oder Verpackungsmaterialien, bei denen eine präzise Prozesskontrolle entscheidend ist.
IFS
IFS wurde von deutschen und französischen Einzelhandelsketten initiiert und ist in Europa weit verbreitet. Der Standard konzentriert sich nicht nur auf die Lebensmittelsicherheit, sondern auch auf die Produktqualität und die Einhaltung der Kundenanforderungen.
Die IFS-Varianten – z. B. IFS Food, IFS Logistics, IFS Broker – ermöglichen es, den Standard an verschiedene Stufen der Lieferkette anzupassen. IFS ist besonders wichtig für Hersteller und Lieferanten, die mit großen Einzelhandelsketten zusammenarbeiten, welche von allen Partnern einheitliche Qualitäts- und Lebensmittelsicherheitsaudits verlangen.
Vergleich: ISO 22000, FSSC 22000 und IFS
Reichweite und Anwendungsbereich: ISO 22000 ist am flexibelsten und kann in jedem Unternehmen angewendet werden. FSSC 22000 ist eine strengere Erweiterung von ISO 22000 und wird von großen globalen Unternehmen bevorzugt. IFS hingegen ist ein Handelsstandard, der hauptsächlich von Einzelhandelsketten und Lieferanten in Europa gefordert wird.
Auditansatz: ISO 22000 ermöglicht Konformitätsaudits und ist ein Ausgangspunkt für die Einführung zertifizierter Systeme. FSSC 22000 und IFS haben detailliertere Anforderungen und werden streng auditiert, was eine höhere Sicherheit in Bezug auf Lebensmittelsicherheit und Qualität bietet.
Kontrollbereiche: ISO 22000 konzentriert sich hauptsächlich auf Managementsysteme und HACCP. FSSC 22000 umfasst auch spezifische Branchenanforderungen und PRPs, während IFS zusätzlich großen Wert auf Qualität und Kundenanforderungen legt.
Internationale Anerkennung: FSSC 22000 und ISO 22000 sind weltweit anerkannt und in vielen Ländern akzeptiert, während IFS vor allem in Europa und bei den Einzelhandelsketten, die ihn verwenden, verbreitet ist.
Fazit
Alle beschriebenen Standards verfolgen dasselbe Ziel – die Bereitstellung sicherer, gesetzeskonformer und den Erwartungen der Verbraucher entsprechender Lebensmittel. Sie unterscheiden sich jedoch in ihren Anforderungen, ihrem Umfang und den Bereichen, in denen sie am häufigsten eingesetzt werden. Die Wahl eines bestimmten Systems hängt von den Märkten ab, auf denen die Produkte verkauft werden, von den Kundenanforderungen und von den Besonderheiten des Unternehmens.
Es ist wichtig zu bedenken, dass das Zertifikat nur der Anfang ist – entscheidend ist die Aufrechterhaltung der Konformität im täglichen Betrieb. Regelmäßige Audits helfen nicht nur zu überprüfen, ob das System ordnungsgemäß funktioniert, sondern ermöglichen auch die Erkennung von Verbesserungsmöglichkeiten. Mit moderner Audit-Software kann dieser Prozess einfacher, schneller und weniger belastend für das Team sein.